Fachberichte

Inhaltsstoffe der Rohware und ihre technologische Bedeutung

1. Wasser
Auf seinem Weg in der Pflanze von der Wurzel zu den Früchten wird das Wasser durch die Filterwirkung von Millionen Zellwänden von manchen unerwünschten Begleitstoffen befreit. Es füllt die Zellen und Zellzwischenräume aus. Bei saftreichen Rohwaren wird der größte Teil aller wasserlöslichen Extraktstoffe mit dem Saft ausgepresst. Extraktion- und Diffusionsverfahren bringen eine höhere Ausbeute an Gesamtextrakt durch Zugabe von Wasser.

2. Kohlenhydrate
Cellulose und Pektinstoffe bilden das Gerüst fast aller Teile von Schalen, Stielen, Samen, Kerngehäuse und auch die unlöslichen Bestandteile des Fruchtfleisches (der Pulpe). Bei der Herstellung von klaren Säften werden die unlöslichen Bestandteile restlos vom Saft getrennt und bleiben beim Pressen als Trester sowie beim Klären und Schönen als Trub zurück. Trübe und fruchtfleischhaltige Säfte enthalten dagegen auch unlösliche Feststoffe.

Der größte Teil der unlöslichen Fruchtbestandteile wie die pflanzlichen Zellwände besteht aus Cellulose. Man kann sie enzymatisch mit Hilfe von Cellulasen aufspalten, die von Natur aus in den Früchten vorhanden sind, aber nur sehr langsam wirken.

Pektine kommen in der Zellwand vor und spielen dort eine besondere Rolle als Kittsubstanz und Auskleidungsmasse der Zellzwischenräume. Das ursprünglich vorhandene Protopektin ist wasserunlöslich und bleibt z.B. bei pflückreifen Äpfeln in den Trestern so reichlich zurück, dass Pektinfabriken diese als Rohmaterial aufkaufen. In vollreifem Obst wird aber das Protopektin allmählich in Hydropektin umgewandelt, das sich im Saft kolloidal löst, d.h. es bildet sich ein Gel. Die Viskosität von Maischen und Säften wird dadurch erhöht, was zu Press- und Klärschwierigkeiten führen kann. Pektine sind vom chemischen Aufbau veresterte Polygalacturonsäuren. Bei ihrer Aufspaltung durch fruchteigene oder zugesetzte pektinspaltende Enzyme (Pektinasen) zerfallen sie in ihre Bausteine, die Galakturonsäure und – in geringen Mengen – Methylalkohol.

Stärke befindet sich in größeren Mengen nur in unreifem Obst. Beim Reifeprozess wandelt sie sich in Zucker um. Die Aufspaltung der Stärke erfolgt unter Wasseraufnahme und wird von fruchteigenen Enzymen (Amylasen, Glycosidasen) gesteuert. Stärke ist ein Vielfachzucker (Polysaccharid) wie die Cellulose und ist im Gegensatz zu dieser in heißem Wasser teilweise kolloidal löslich.

Dextrine sind Zwischenprodukte beim Abbau der Stärke zu Zucker. Sie enthalten zwischen 10 und 100 Einzelmolekülen und können in Säften Trübungen verursachen.

In Obst und Gemüse kommen in der Hauptsache drei Zuckerarten vor:

Traubenzucker (Glucose, Dextrose) und Fruchtzucker (Fructose, Laevulose). Diese beiden Einfachzucker (Monosaccharide) sind meist zu gleichen Teilen vorhanden. Daneben tritt in schwankenden Anteilen Rüben- oder Rohrzucker (Saccharose) auf. Er ist ein Zweifachzucker (Disaccharid) und wird mit Hilfe eines fruchteigenen Enzyms (Invertase) in ein Gemisch von Trauben- und Fruchtzucker (Invertzucker) aufgespalten.

3. Fruchtsäuren
Alle Obst- und Gemüsefrüchte enthalten geschmackstypische Fruchtsäuren. Äpfelsäure kommt hauptsächlich im Kernobst, aber auch in fast allen anderen Obstsorten (auch in Weintrauben) vor. Dagegen enthält Kernobst (vorwiegend Birnen) nur geringe Mengen an Zitronensäure. Weinsäure befindet sich hauptsächlich in Weintrauben. Trotzdem ist es üblich, bei Fruchtsäften die titrierbare Gesamtsäure, als Weinsäure berechnet (in g/l) anzugeben.

Der pH-Wert ist ein Maßstab für den Säuregehalt. Dabei wird zusätzlich der Dissoziationsgrad der verschiedenen Fruchtsäuren, d.h. das, was wir eigentlich als sauren Geschmack auf der Zunge empfinden, berücksichtigt. Die Art der Säure bestimmt gleichfalls den Säureeindruck. Je saurer der Geschmack, umso niedriger ist gewöhnlich der pH-Wert (siehe Tabelle).

Durchschnittliche Zusammensetzung eines Apfels im Vergleich zu anderen Früchten

Fruchtart     Gesamtsäuregehalt in g/kg     pH-Wert     Asche
Kernobst     4 – 12     3,2 – 4,5     0,3 – 0,4
Steinobst     5 – 22     2,7 – 4,5     0,5 – 0,6
Weintrauben     5 – 16     2,9 – 4,5     0,5 – 0,6
Beerenobst     8 – 40     2,5 – 4,2     0,2 – 0,7
Zitrusfrüchte     8 – 70     1,7 – 4,1     0,4 – 0,6

Gleichzeitig besitzen die Bestandteile der Asche eine Puffereigenschaft, also eine gewisse Verringerung der Säurewirkung. Die geschmackliche Beeinflussung durch den Gehalt an Zucker und Pektinstoffen wird jedoch durch den pH-Wert nicht beschrieben. Der Säuregehalt ist für die Verarbeitung der Früchte zu Säften von entscheidender Bedeutung. Dies gilt besonders für das Gelingen einer schonenden Haltbarmachung durch Pasteurisation, aber auch z.B. für die Klärung und Schönung der Säfte sowie die Trubstabilisierung.

4. Vitamine
Vitamin C (L-Ascorbinsäure) übt im Saft eine trubstabilisierende, eine antioxidative und sogar eine konservierende Wirkung aus, weshalb sie auch zur Vermeidung übermäßiger Oxidation und als Kellerbehandlungsmittel (z.B. bei trüben Apfelsäften) zugesetzt wird.

5. Eiweißstoffe
Sie sind in Fruchtsäften unerwünscht, gelangen aber in geringen Mengen, kolloidal gelöst, hinein. Sie sind wärmeunbeständig und führen, indem sie bei Erhitzung ausflocken, zu Nachtrübungen in klarfiltrierten Säften.

6. Enzyme
Sie bestehen aus Eiweiß und z.T. einer Wirkstoffgruppe (dem „Coenzym“). Bis zur Vollreife steuern sie in gesunden und unbeschädigten Früchten alle Auf- und Umbauvorgänge. Danach bewirken sie Abbau- und Aufbauvorgänge und führen, besonders wenn die Struktur aus lebenden Zellen zerstört wird, zur Zersetzung aller organischen Substanzen. Bei der Verarbeitung müssen sie deshalb möglichst rasch durch Erhitzung inaktiviert werden. Dies gilt vor allem für die sauerstoffübertragenden Oxidasen, die zur unerwünschten Bräunung und zum Vitamin C Abbau führen. Auch Estrasen, die das Apfelaroma ungünstig beeinflussen, sind unerwünscht. Hingegen wird die Wirkung der fruchteigenen pektinspaltenden Enzyme (Pektinasen) und teilweise auch der stärke- und cellulosenspaltenden Enzyme (Amylasen, Cellulasen) vielfach noch durch zugesetzte Enzympräparate unterstützt.

7. Aromastoffe
Das Aroma ist in seiner chemischen Zusammensetzung sehr kompliziert und besteht aus vielen Einzelkomponenten, von denen Alkohole, Aldehyde, Ketone und Ester die wichtigsten sind (in Äpfel sind etwa 70). Die Zusammensetzung ist art- und sortenspezifisch und abhängig vom Klima, Lage und Jahrgang. Dieses Aroma kann auch durch Fäulniserreger – wie beim Essiggeruch – überdeckt werden.

Vollreife Früchte haben eine optimale Aromazusammensetzung, ein „vollentfaltetes Bukett“, das sich aber wegen der Leichtflüchtigkeit nur wenige Tage hält. Während der Verarbeitung der Früchte geht ihr Abbau spontan und mit Hilfe fruchteigener, relativ hitzestabiler Enzyme noch viel schneller vonstatten.

Weil bereits geringe Veränderungen in der Zusammensetzung der Aromastoffe einen Fruchtsaft in seinem arttypischen Genusswert wesentlich beeinträchtigen können, kommt es bei der Fruchtsaftherstellung darauf an, diese empfindlichen Stoffe möglichst vollständig in ihrer ursprünglichen chemischen Struktur zu erhalten.

8. Farb- und Gerbstoffe
Sie gehören zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe. Dies sind bioaktive Substanzen, denen teilweise gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben werden. Unter anderem können sie Ablagerungen an Blutgefäßen aufbrechen und beseitigen helfen. Dies beugt Arterienverkalkungen und langfristig Herzinfarkten sowie Schlaganfällen vor.

Auch sind sie in der Lage, den oxidativen Stress, der auf Grund der Bildung freier Radikale auf die Zellen einwirkt, abzumildern. Diese freie Radikale – entstanden durch schädliche Umwelteinflüsse, Rauchen, falsche Ernährung und andere Ursachen – führen zu Fehlentwicklungen in den Zellen bis hin zur Tumorbildung.

Festgelegt wird die Wirksamkeit von sekundären Pflanzenstoffen (SPS) durch den TEAC – Wert. Er beschreibt die antioxidative Kapazität eines Getränks. Die antioxidative Kapazität von klaren und naturtrüben Apfelsäften des Handels liegen unter den Werten anderer Säfte.

Farbstoffe: Sie sitzen entweder in gelöster Form im Saft der Zellen und Zellzwischenräume (Anthocyane und Flavonoide) oder ungelöst in Form von Farbstoffkörnern (Pigmenten) in den verschiedenen Zellteilen (z.B. Chlorophyll und Carotin). Zu den Farbstoffen, die in Früchten anzutreffen sind, gehören auch die Flavonoide (meist gelblich) und das Rutin (rot – gelb).

Anthocyane sind glykosidartige Verbindungen in den Farben blau, rot und violett. Sie sind mehr in der Oberhaut als im Fruchtinneren zu finden. Wenn beim Verarbeiten der Früchte die Maische „aufgeschlossen“ wird (Erhitzung, Enzymierung) gelangen die Anthocyane vollständig in den Saft.

Carotinoide (Carotin und ähnliche Farbstoffe) sind auch in heißem Wasser nicht löslich. So müssen z.B. Tomaten und Karotten, die viel Carotin enthalten, über die Passierlinie zu fruchtfleischartigen Säften verarbeitet werden. Der nur durch Pressen aus diesen Früchten gewonnene Saft (wie auch klarer Orangensaft) hätte fast keine Farbe.

Gerbstoffe: Sie sind phenolartige Substanzen (Polyphenole), die manchen Obstarten einen herben, adstringierenden (d.h. die Mundschleimhäute zusammenziehenden) Geschmack geben. Einen geringen Gerbstoffgehalt empfinden die meisten Menschen als angenehm, zumal er die Getränke „trocken“ macht, was zum Mehrtrinken anregt. Mostbirnen, Speierlinge, Mispeln und Schlehen besitzen so viele Gerbstoffe, dass nur geringe Zusätze dieser Früchte bei der Herstellung von Mehrfruchtsäften ausreichen, um einen charakteristischen herben Geschmack und einen „selbstklärenden“ Effekt zu erzielen. Die klärende Wirkung der Gerbstoffe beruht wie beim Schönungsmittel Tannin auf der Ausflockung von Eiweißstoffen. Sie wirken konservierend und damit günstig auf die Haltbarkeit des Saftes.

9. Fette und Wachse
Sie befinden sich außen auf der Schale und schützen die Früchte durch ihre wasserabweisende Wirkung vor frühzeitigem Verderb.

10. Mineralstoffe und Spurenelemente
Sie sind die unverbrennbaren Bestandteile der Früchte (Asche). Die Elemente Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Mangan, Phosphor und Schwefel sowie eine Reihe von Spurenelementen sind in den Säften als Ionen gelöst. Sie besitzen eine Bedeutung für die Ladungsverhältnisse im Saft und damit für das Gelingen der Schönung.

Quelle: Aus dem Fachbuch „Moderne Apfelsaft-Technologie“ von Thomas Birus